Energiebedarf bei Säuglingen: Spezielle Ernährungslehre für Säuglinge und tüchtige Eltern
Der Säugling hat einen hohen Energiebedarf. Der Energiebedarf errechnet sich wie folgt (und ein wenig kompliziert):
Essen ist ein komplexes, weltanschauliches Thema geworden. Vegetarisch geht gut (ab und an Eisentropfen dazu), vegan macht eventuell Probleme (Vitaminmangelerkrankungen). Faustregel: sechs Monate stillen, dann an den Tisch und mitessen lassen; man braucht keine Gläschen. Nach sechs Monaten sind alle Nahrungsmittel erlaubt, auch Salz (sparsam) und Gewürze – außer Honig (erst nach zwölf Monaten). Die Kinder entscheiden selbst und ziemlich eindeutig, was sie essen wollen und was eher nicht. Die Auswahl auf dem Tisch sollte nur gesunde Nahrungsmittel enthalten, also möglichst keine Fertigprodukte, keine süßen Säfte und kein freier Zucker.
Die Vermeidung von potenziell allergenen Nahrungsmitteln nach dem dritten Lebensmonat ergibt keinen Vorteil, eher Nachteile. Deshalb: Fisch, Ei, Kuhmilch, Nüsse, Soja durchaus in zerkleinerter Form sind ab dem sechsten Monat möglich.
Freie Zucker, Fruchtsäfte, Kekse, Schokolade, Nutella, Pommes und Salami sollen Kinder nicht erhalten. Wer einkauft, trägt die Verantwortung für die gesunde oder nicht so gesunde Ernährung der Familie. Väter und Mütter sind Vorbilder, Omas und Opas sollen sich nicht mit Süßigkeiten die Zuneigung sichern. Wenig Fleisch reicht dem Kind.
Vegetarier:innen sind statistisch gesehen gesünder, schlanker, haben einen niedrigeren Blutdruck, seltener Krebs und Herzinfarkt. Vegane Mütter haben niedrigere Eisen- und Vitamin-B12-Konzentrationen sowie einen Mangel an Vitamin D, Zink und Jodid. Das sollte man ersetzen.
Die meisten Nahrungsmittelallergien sind keine! Im Labor nachgewiesene Immunglobulin-Titer (Maß für eine Immunglobulin-E-vermittelte Allergie vom Soforttyp) gegen Nahrungsbestandteile gelten erst, nachdem sie eindeutig im realen Leben zu allergischen Reaktionen geführt haben.
Die weltanschaulichen Kämpfe um das richtige Essen werden immer bizarrer, seit das Mikrobiom des Darms und das dortige Nervensystem als Ursache für Psychosen, ADHS, Autismus und weitere Übel diskutiert werden. Die Datenlage ist bislang dürftig, entsprechend frei lassen sich die Theorien und Fantasien gestalten.
Der Säugling hat einen hohen Energiebedarf. Der Energiebedarf errechnet sich wie folgt (und ein wenig kompliziert):
Eisen und Zink sollen angeblich nicht gemeinsam substituiert werden. Häufigster Mangel ist der Eisenmangel, insbesondere bei Frühgeborenen und bei Eisenmangel der Mutter. Eisentropfen (ferro-sanol) über einen längeren Zeitraum verteilen, dann werden sie besser verträglich. Zinkmangel der Mutter erklärt den Zinkmangel beim jungen Säugling. Dieses Phänomen nimmt zu.
Eine Vitaminanalyse ist beim gesund ernährten Kind weder notwendig noch sinnvoll. Bei vegetarischer Ernährung kann Eisen ohne Laborkontrolle zugegeben werden. Bei veganer Ernährung kann entweder blind substituiert werden oder nach Labordiagnostik.
Vitamin A: Immunsystem und Netzhaut, Milch, Fisch, Leber; Intoxikation möglich
Die B-Vitamine
B1 Thiamin: wichtiges Coenzym, findet sich in Vollkornprodukten; Überdosierung unbekannt
B2 Riboflavin: wichtiges Coenzym, findet sich in Fleisch, Fisch und Getreide; Überdosierung wahrscheinlich möglich
B3 Niacin: wichtiges Coenzym, findet sich in Fleisch, Fisch und Brot; Überdosierung möglich
B5 Pantothensäure: wichtiges Coenzym, Fleisch, Getreide, Ei; Überdosierung unbekannt
B6 Pyridoxin: Coenzym, Vollkorn, Soja; Überdosierung unbekannt
B7 Biotin: Coenzym, Fleisch, Obst; Überdosierung unbekannt
B9 Folsäure: Coenzym, Getreide, Gemüse; Überdosierung unbekannt
B12 Cobalamin: Coenzym, Fleisch, Fisch, Getreide; Überdosierung unbekannt
Vitamin C: Antioxidans, Zitrusfrüchte, Gemüse; Überdosierung macht Nierensteine und Eisenüberladung
Vitamin D: 400 IU/Tag (in Muttermilch nicht ausreichend); wird substituiert; Überdosierung möglich
Vitamin E: Antioxidans, Früchte, Gemüse, Fleisch; Überdosierung unbekannt
Vitamin K: Coenzym, Gemüse, Spinat (wird bei jungen Säuglingen dreimal substituiert); Überdosierung unbekannt
Cholin: Vorläufer von Acethylcholin, Botenstoff zwischen Nerven und Muskeln; Überdosierung möglich
Säuglinge mit Gedeihstörung zeigen ganz unterschiedliche Ursachen, die sich vor allem nicht im Bereich des Magen-Darm-Trakts finden lassen. 50 % haben psychosoziale Gründe, in 10 % finden sich Erkrankungen des Zentralnervensystems (MRT und EEG durchführen), in 10 % Erkrankungen von Magen und Darm und in 9 % Herzerkrankungen. Eine große Zahl sehr seltener Erkrankungen ist möglich – auch Zentren können hier scheitern.
Wiegen Sie Ihren Säugling initial. Trinkt das Kind vor allem Milch, gehen Sie auf „Prä“-Nahrung zurück: Laktosefrei kann vorteilhaft sein, da der durchfallkranke Darm Laktose nicht so gut aufnimmt. Isst das Kind vor allem vom Tisch: initial Toastbrot mit Marmelade, Elektrolytlösung oder Tee mit Traubenzucker, dann Reis, Nudeln, Kartoffeln, Gemüse. (Angeblich bringt Diät nicht wirklich Vorteile, aber die Realität spricht gegen Pommes.)
Wässrigen Durchfall ohne Fieber und bis 5 % Gewichtsverlust kann man zu Hause betreuen. Bei heftigem Durchfall mit Fieber und über 5 % Gewichtsverlust gilt es, die Ärztin oder den Arzt aufzusuchen, ebenso bei blutigem Durchfall (Salmonellen und Campylobacter) und über fünf Tage anhaltendem Durchfall.
10 % oder mehr Gewichtsverlust, Benommenheit oder Nahrungsverweigerung erfordert die Klinik. Ein Kind kann binnen weniger Stunden bei sehr schwerem Durchfall in eine bedrohliche Austrocknung (Toxikose) geraten mit Elektrolytentgleisung, Bewusstseinsstörung und lebensbedrohlicher Krise. Nicht zu lange zu Hause warten!
Die Wissenschaft empfiehlt bei heftigem Durchfall für ca. fünf Stunden die orale Rehydrierungslösung der WHO und danach normale Nahrung. Das deutsche Kleinkind verweigert die Rehydrierungslösung und die Eltern geben Salzstangen mit Cola, kochen Suppe mit Buchstaben oder Hühnerbrühe und kaufen Heilnahrung.
Die häufigsten Durchfallerreger in Westeuropa sind bzw. waren Rotaviren. Rotaviren betreffen keine voll gestillten Säuglinge und meist keine sehr jungen Säuglinge (Nestschutz). Inkubation und Verlauf sind oft kurz, wenige Tage, initial ist wiederholtes Erbrechen möglich. 2 % aller Säuglinge mit Rotainfektion müssen in die Klinik, Todesfälle sind in Deutschland zuletzt nicht mehr vorgekommen. Gegen Rotaviren gibt es eine Schluckimpfung (in den ersten zehn Lebenswochen), sie ist zuverlässig wirksam.
Die häufigste bakterielle Ursache für Durchfälle in Europa ist Escherichia coli. Auch hier einige Tage wässriger Durchfall, wenig Fieber, initial Erbrechen. Die Colistämme sind verschieden gefährlich: Eine Gruppe lebt harmlos in unseren und vielen anderen Därmen und dient als Markerkeim für fäkale Wasserverschmutzung. Dann sind da die EPEC, also enteropathogene E. coli, die vor allem Durchfall bei Kleinkindern auslösen, sowie die ETEC, also Enterotoxin bildende E. coli mit heftigerem Verlauf, zudem EIEC mit enteroinvasiver Entzündungsaktivität und schließlich die EHEC, die Darmblutungen, Nierenschäden und das lebensbedrohliche hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) auslösen können und vom Gesundheitsamt verfolgt werden. Die Stuhluntersuchung bei Durchfall ohne Blut erfolgt meist am fünften Tag, also erst nachdem leichte Durchfälle sich spontan erledigt haben müssten.
Anders verhält es sich bei Durchfällen mit Blut im Stuhl: Hauptursache blutiger Durchfälle sind Salmonellosen. Die Übertragung erfolgt nicht nur über Geflügel und Ei, auch Obst und Gemüse und selbst abgepackte Fertigprodukte können die Erreger übertragen. Tierfutter enthält sehr häufig Salmonellen und leider auch Antibiotika, ideale Bedingungen für die Entwicklung multiresistenter Keime. Um krank zu werden, braucht es hohe Keimzahlen im Essen, falls der Mensch genug Magensäure besitzt. Säuglinge und Neugeborene haben nur sehr wenig Magensäure und erkranken bereits bei geringen Keimzahlen und besonders schwer. Bei Neugeborenen drohen Sepsis und Lungenentzündung und nur in 50 % Durchfall. Nur die lebensbedrohliche Säuglingssalmonellose erfordert eine resistenzgerechte Antibiotikatherapie. Es drohen abgekapselte Abszesse vor allem in Knochen, die noch nach Jahren unklare Beschwerden verursachen können.
Campylobacter steht für die zweite Hauptursache blutiger Durchfälle. Auch hier erfolgt die Übertragung über Nahrungsmittel, meist Hühnchen und schlecht durchgebratenes Fleisch. Die Krankheit beginnt als fieberhafter Infekt, dann folgen Erbrechen und Bauchkrämpfe, der blutige Durchfall kommt etwas später. Wie bei den Salmonellosen braucht es bei leichtem und mäßig schwerem Verlauf keine Antibiotika.
Besonders lange dauern Durchfälle durch Yersinien und erneut betrifft es Säuglinge besonders heftig. Säuglinge und Kleinkinder mit Tierkontakten sind häufiger betroffen. Der Keim findet sich jedoch auch in Lebensmitteln. Yersinien verursachen als bekannte Komplikation die Pseudoappendizitis mit Schmerzen im rechten Unterbauch durch Lymphknotenschwellungen. Einzelne Yersinien können ein Krankheitsbild auslösen mit scharlachartigem Ausschlag, Himbeerzunge, Lacklippen, Rachenentzündung und manchmal einer Entzündung der Herzkrankgefäße (siehe Kawasaki-Syndrom). Häufig sind bei älteren Kindern Gelenkschmerzen und Hautausschläge.
Dies ist ein anaerober Sporen- und Toxinbildner. Er führt selten zu schweren Darmentzündungen mit blutigen Durchfällen besonders bei Kindern mit häufiger Antibiotikatherapie, Protonenpumpenhemmertherapie, Immunsuppression und verschiedenen Darmerkrankungen. Die Antibiotika Metronidazol und Vancomycin helfen meist. Es kommt aber zu erheblichen Rückfallraten und Resistenzbildungen. Meist leichter Verlauf und keine Therapie.
Bei akuten Bauchschmerzen mit heftigem Schreien, Blässe und völlig verändertem Kind kann eine bedrohliche Komplikation vorliegen, z. B. eine Invagination (die Einstülpung von Darmanteilen wie bei einem schnell ausgezogenen Fingerhandschuh) oder eine Darmverschlingung mit Abschnüren des Darmschlauches. Im Verlauf kann Blut im Stuhl (himbeergeleeartig) sichtbar werden.
Ein Leistenbruch oder eine Hodentorsion (Hodenverdrehung) sind denkbar, also in die Windel schauen und die Sechs-Stunden-Grenze beachten, denn binnen dieser Frist soll die Hodentorsion operativ behoben sein (ein Hoden ist vergrößert, sehr schmerzhaft und der Hodensack gerötet). Akute Entzündungen sind möglich (z. B. Harnwege, Appendix) und extrem seltene Krankheiten wie Bauchspeicheldrüsenentzündung und Gefäßverschluss. Schwere Bauchfellentzündungen können bei Säuglingen überraschend symptomarm beginnen.
Bei wiederkehrenden Bauchschmerzen während der ersten Monate handelt es sich meist um „Trimenonkoliken“, ein harmloses Bindungsschreien, glaubt aktuell die Wissenschaft. Der Magen-Darm-Trakt ist bereits nach wenigen Minuten Schreien dick gebläht und voller Luft. Der Blähbauch führt zuverlässig zum Missverständnis von Bauchschmerzen. Zudem wirkt die Produktion von Stuhlgang bei Neugeborenen und jungen Säuglingen anstrengend und gequält. Zwischen dem ersten und sechsten Monat kann eine Unverträglichkeit gegen Kuhmilcheiweiß bestehen. Bei schwerem Verlauf darf ein Therapieversuch mit einem therapeutischen Hydrolysat durchgeführt werden, diese Spezialnahrung löst keine allergische Reaktion auf Kuhmilcheiweiß aus.
Säuglinge mit Tierkontakten können früh an Würmern erkranken. Bislang sind die Wurmmittel effektiv und unkompliziert anwendbar. Bei unklarer Blutarmut mit Eisenmangel und Gedeihstörung wird an Würmer gedacht.