Vorwort

Neugeborene und Säuglinge

Gesundheitsprobleme bei Kindern nach dem Säuglingsalter

Behinderung, Erziehung, Förderung, Rehabilitation und ärztliches Handeln

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Gesundheitsprobleme bei Kindern nach dem Säuglingsalter

Infektionskrankheiten

Virusinfektionen der Luftwege (Erkältungskrankheiten)

Husten und Schnupfen werden fast immer viral ausgelöst (man sollte also zunächst kein Antibiotikum geben). Wichtige Ausnahmen sind Keuchhusten und Haemophilus-influenzae-Infektionen. Durchschnittlich sechs bis acht Virusinfektionen ereignen sich im ersten Lebensjahr. Die ersten Tage ist der Schnupfen klar und wässrig, ab Tag 3 und 4 wird er trüb-gelblich, dann gelb oder borkig (gegen Ende des Infekts). Gelber Schnupfen ist also kein Komplikationshinweis und meist nicht mehr ansteckend. Nach einer Woche sind 90 % der Infekte abgeschlossen.

Husten reinigt die Bronchien! Er ist zuerst einmal ein guter und wichtiger Vorgang. Hustensaft macht mehr Schleim und schadet eher, als dass er hilft. Ätherische Öle reizen die Atemwege und schaden immer, ebenso Hustenstiller. Husten kann über den Infekt hinaus andauern.

Als Laryngitis bezeichnet man eine virale Entzündung um den Kehlkopf mit Heiserkeit, Bellhusten und Schmerzen. Hier hilft Cortisonsaft (Salbutamol unwirksam). Es kann ein Pseudokrupp entstehen mit erschwerter Einatmung, Angst, Lufthunger und bellendem Husten. Sie sollten unbedingt ruhig bleiben, in schweren Fällen in die Klinik fahren. Beim schweren Pseudokrupp erfolgt keine Racheninspektion.

Die gefährliche Epiglottitis (Kehldeckelentzündung) mit drohender Erstickung durch massive Schwellung des Kehldeckels wird durch den Erreger Haemophilus influenzae verursacht. Sie ist seit der flächendeckenden Impfung weitestgehend verschwunden. Die Tracheitis (Luftröhrenentzündung) kommt bei älteren Kindern vor.

Akute Infekte mit heftigem Husten und verlängerter Ausatmung nennt man obstruktive Bronchitis. In den ersten Lebenswochen ist das eine möglicherweise gefährliche Erkrankung: Ärztin aufsuchen! Hier hilft Salbutamol.

Besonders schnell und bedrohlich verläuft die Bronchiolitis (Entzündung der unteren kleinen Äste der Bronchien), meist ausgelöst durch RS-Viren. Sie ist erkennbar an einer hohen Herzfrequenz (160 – 200/min) und einer sehr hohen Atemfrequenz (60 – 100/min). Leichte Blauverfärbung durch Sauerstoffmangel: Arzt aufsuchen. Öfters ist sogar die Klinik erforderlich (Sauerstoff, Monitoring), bislang findet sich keine gute Therapie. Der Husten ist andauernd, wenig produktiv, manchmal schaumiger Auswurf. Frühe Gaben von Cortisonsaft und häufige Feuchtinhalation mit Kochsalz und Salbutamol scheinen doch etwas zu helfen.

Begleitung des Virusinfekts

Virusinfekte können zu schweren Komplikationen im Verlauf führen. Die Diagnose „Virusinfekt“ gibt keine prognostische Sicherheit in Richtung harmlos. Ein akuter Virusinfekt mit Fieber über drei Tage gilt als normal, Sie können zuwarten. Als Therapie empfohlen wird frische Luft, kalt schlafen, Nasentropfen, Fiebersenkung. Trinken nicht forcieren, denn viel trinken kann schädlich sein. Hausmittel wie Honigmilch, Pflanzentee, Umschläge usw. können über den Placeboeffekt durch die Mutter erheblich positiv wirken, obgleich sie wissenschaftlich in der verblindeten Kontrolle nicht effektiv sind. Wer heilt, hat recht und deshalb kann und soll eine Tradition um den banalen Infekt herum aufgebaut werden, die dem Kind guttut und Sicherheit gibt.

Beim jungen Säugling führen Ärzt:innen ab dem dritten bis vierten Fiebertag und bei krankem Kind eine erneute Untersuchung und Laborkontrolle durch. Man will eine bakterielle Superinfektion rechtzeitig erkennen oder eine Otitis media (Mittelohrentzündung). Bei Kindern nach dem ersten Lebensjahr kann man mit dem Labor bis zum fünften oder sechsten Fiebertag abwarten.

Bei Influenza und Corona mit heftigem Verlauf lohnt Labor am dritten bis vierten Tag, da schwere Verläufe mit Komplikationen möglich sind und nach drei Tagen die Richtung erkennbar wird. Hohes Fieber über eine Woche löst weiterreichende Diagnostik aus: Laboruntersuchungen, eventuell ein Röntgenbild, Ultraschall, Urinkontrollen. Denkbar werden Kawasaki-Syndrome (systemische Entzündung mittlerer Gefäße mit bevorzugter Erkrankung der Koronararterien des Herzens) oder Lungenentzündungen. Manchmal unterhält eine Zweitkrankheit das Fieber, z. B. eine Harnwegsinfektion.

Komplikation „Mittelohrentzündung (Otitis media)“

Nächtliches Schreien bei Säuglingen gegen Ende eines viralen Infekts sollte zum diagnostischen Behandlungsversuch mit Schmerzzäpfchen führen. Nachfolgend erforderlich wird die Ohrinspektion mit Beurteilung des Trommelfells; bei Kindern ist das nicht einfach (technisch und interpretatorisch).

Früher wurde die Mittelohrentzündung vor allem bei jungen Kindern früh antibiotisch behandelt, angesichts möglicher Komplikationen. Heute wird zugewartet, um Antibiotika einzusparen: bei jungen Säuglingen und/oder beidseitiger Mittelohrentzündung ein Tag, bei einseitigem Befall und älteren Kindern auch zwei bis drei Tage. Statistisch gibt es dadurch weit weniger Antibiotikaverbrauch und nur etwas mehr an Komplikationen. Im Einzelfall ist die Entscheidung zuzuwarten möglicherweise im Nachhinein falsch gewesen.

Komplikation „Infektion in den Siebbeinzellen“

Säuglinge und Kleinkinder haben nur sehr kleine und kaum belüftete Kieferhöhlen und Stirnhöhlen, hier entsteht selten bzw. nie eine klinisch relevante Entzündung, manchmal jedoch in den Siebbeinzellen (nur erkennbar an ansteigenden Entzündungszeichen). Nur diese Zellen sind bei Säuglingen bereits belüftet und können Komplikationen verursachen. Möglich werden unangenehme Abszesse und Entzündungen Richtung Augenhöhle oder Gehirn. Deshalb kann bei ansteigenden Entzündungswerten ein Antibiotikum klug sein, obgleich man nichts sieht und nichts findet!

Komplikation „Lungenentzündung“

Bakterielle Komplikationen mit Lungenentzündungen sind weiterhin gefährlich. Deshalb werden Virusinfekte mit anhaltendem Fieber kontrolliert. Der „banale“ Virusinfekt kann bedrohlich entgleisen und die erste Einschätzung bezüglich des Verlaufs sehr täuschen.

Lungenentzündungen lassen sich nicht immer mithilfe des Stethoskops hören. Wenn man sie hört, können sie viral sein, also kein Antibiotikum erfordern. Wenn man die Lungenentzündung nicht hört, kann sie trotzdem schwer verlaufen. Als weiteres Verfahren um die Lungenkrankheit besser zu verstehen, bietet sich ein Röntgenbild an. Aber Röntgen eines Säuglings ist zumindest lästig und manchmal eine unschöne Prozedur sowie eine Strahlenbelastung. Das Röntgenbild ergibt öfters Interpretationsspielräume und Diskussionen zwischen harmlosen Infektzeichen und behandlungsbedürftigen Formen der Lungenentzündung. Es führt nicht immer zur erhofften Klarheit. Die akute Rechtsherzüberlastung bei schwerer Lungenentzündung lässt sich zuletzt kaum auffangen, das rechte Herz ist muskelschwach. Risikovermeidung bedeutet bei erheblich krankem Kind mit Lungenentzündung eine antibiotische Therapie mit weitgehend sicherer Breite der antibiotischen Wirkung und ausreichend hoher Dosierung.

Enterovirusinfektionen als Beispiel der vielgestaltigen Verlaufsmöglichkeiten einfacher Virusinfekte

Die Enteroviren setzen sich aus Polioviren, Echoviren und Coxsackieviren zusammen mit über 100 Typen. Die meisten Infektionen mit Enteroviren beim Menschen verlaufen ohne fassbare Erkrankung und können nicht erkannt werden. Keine Krankheit wird ausschließlich von einem Virustyp ausgelöst. Neugeborene und Säuglinge sind besonders stark betroffen.

Die Erkrankung beginnt akut mit Fieber, teilweise hoch. Möglich sind: Husten, Schnupfen, Angina, Konjunktivitis, Speicheldrüsenentzündung, Laryngitis (Kehlkopfentzündung), obstruktive Bronchitis, Bronchiolitis (Entzündung der unteren kleinen Äste der Bronchien), Pneumonie, Bauchweh, Erbrechen und Durchfall, Kopf- und Gliederschmerzen, Muskelschmerzen, vielgestaltige Hautausschläge. Die Krankheiten dauern drei bis sieben Tage, im Labor sind wenig Entzündungszeichen auszumachen. Ausnahmen kommen vor, eine spezifische Therapie gibt es nicht.

Bekannte Krankheitsbilder sind die Bläschenangina oder Herpangina und die Hand-Fuß-Mund-Krankheit, die sich erst an Krankheitstag 2 oder 3 zeigen kann.

Einige der Enteroviren können Herzmuskelerkrankungen auslösen (die nicht immer gut ausgehen), einige eine Hirnentzündung (Encephalitis) mit oder ohne anhaltender Hirnschädigung, öfters eine Hirnhautentzündung (Virusmeningitis) mit gutartigem Verlauf. Besonders gefürchtet wird die Enterovirusinfektion des Neugeborenen mit Leberversagen, Gefäßentzündungen, Hirnschädigung und etlichen Todesfällen, selbst intrauterine Infektionen sind möglich. Die Diagnostik ist aufwendig und schwer, eine spezifische Therapie gibt es nicht.

Wer als Eltern, Ärztin oder Arzt am Anfang einer Enterovirusinfektion steht, hat keine Möglichkeit, den möglicherweise schweren Verlauf zu erkennen. Nur vom Ende her betrachtet, mag der Verlauf „typisch“ scheinen. Die Ärzt:innen haben auch nicht die Möglichkeit, das auslösende Virus zeitnah zu benennen, nur die einigermaßen typischen Exantheme (Hautausschläge) helfen weiter, helfen aber nicht bezogen auf Therapie und Prognose.

Die Rhinoviren stellen die häufigste Ursache einfacher Erkältungen dar und tatsächlich treten sie bei schlechtem Wetter mit Regen und Nässe auf. Wieder trifft es vor allem Säuglinge und Kleinkinder, die Virusausscheidung kann sich über drei Wochen ziehen, der Husten noch länger. Mittelohrentzündung und obstruktive Bronchitis sind die Komplikationen.

Die Adenoviren stehen für gut 10 % der Viruserkrankungen, sie sind wetterunabhängig und ganzjährig aktiv. Besonders häufig entstehen heftige Bindehautentzündungen und Durchfälle. Sie überleben auf Oberflächen und lösen in Krippen und Kitas Kleinepidemien aus. Gefährlich werden sie ausschließlich bei Immunsuppression.

Die Coronaviren standen bereits vor Covid für 15 % der Luftwegsinfekte. Omicron bedroht Säuglinge selten. Mütter mit Omicron können und sollen weiterhin stillen. Langzeitschäden sind bei Säuglingen kaum bekannt, erst bei Kleinkindern.

Parainfluenzaviren betreffen fast ausschließlich Säuglinge und Kleinkinder. Krankheitsgipfel sind Herbst und Winter, typische Krippen- bzw. Kitaepidemien. Die Kinder erkranken mit wenig Fieber meist über Nacht mit einem typischen Bellhusten und Heiserkeit im Sinne eines mehr oder weniger schweren Pseudokrupp. Manchmal gibt es auch Durchfall und Erbrechen, in 30 % Otitis media. Die Erholung gelingt meist rasch.

RS-Viren (respiratorische Synzytialviren) machen typische Winterepidemien und können bei Kindern unter sechs Monaten oder bei Frühgeborenen die lebensbedrohliche Bronchiolitis (Entzündung der unteren kleinen Äste der Bronchien) auslösen. RS-Viren sind extrem ansteckend, mit zwei Jahren haben 100 % der Kinder sie durchgemacht, Säuglinge werden alle klinisch manifest krank.

70 % aller Bronchiolitisfälle werden durch RS-Viren ausgelöst und 30 % aller Lungenentzündungen. 4 % aller Kinder mit RS-Erkrankung müssen stationär behandelt werden. Rauchende Eltern und Allergieneigung erhöhen das Risiko. Wichtig ist der unmerkliche Beginn mit einfachem Husten und Schnupfen. An Tag 1 – 3 stellt sich dann rasch massive Atemnot ein bei wenig Fieber, Atemfrequenz über 60/min, Zyanose, Sauerstoffmangel im Blut, gefährliche Atempausen. Nach schwerem Verlauf bleiben längere Zeit Lungenprobleme. Fatal ist öfters der gute Eindruck des Säuglings bei der Erstvorstellung – und die lebensbedrohliche Situation zwölf Stunden später.

Metapneumoviren machen weitere 10 % der Virusinfekte bei Kindern aus. Nur bei Säuglingen werden Lungenentzündungen oder Bronchiolitis (Entzündung der unteren kleinen Äste der Bronchien) möglich, bei Kleinkindern Pseudokrupp.

Influenzaviren gefährden erneut vor allem Säuglinge! Hier finden sich die höchsten Komplikationsraten mit Lungenentzündungen und Mittelohrentzündungen. Die Prophylaxe durch Impfung ist möglich ab sechs Monaten, zuvor sollen die Eltern eines Neugeborenen oder jungen Säuglings sich impfen lassen im Sinne eines Kohortenschutzes. Die Impfung muss jedes Jahr neu erfolgen. Bei Kleinkindern sind vor allem Erbrechen, Bauchweh und Durchfall möglich. Auffällig ist der abrupte Krankheitsbeginn sofort mit Husten und Fieber und der oft langwierige Verlauf der Rekonvaleszenz mit Husten und Müdigkeit über Wochen.

Die viralen Kinderkrankheiten

Masern sind extrem ansteckend, fast 90 % aller Kinder erkranken nach Masernkontakt, falls sie ungeimpft sind. Die Inkubation beträgt ca. zehn Tage, zwei bis vier Tage unspezifische Erkältung, dann typisches Masernexanthem (Hautausschlag bei Masern), über 40 °C Fieber und immer Husten. Alle älteren Säuglinge und Kleinkinder sind über eine Woche schwer krank. Jüngere Säuglinge können einen leichteren Verlauf wegen Nestschutz durch mütterliche Antikörper zeigen. Kleinkinder erleiden in 30 % Komplikationen, in 20 % Klinik, bei 6 % Viruspneumonie, bei 0,2 % Encephalitis. Masern sind kein Spaß, machen nicht klüger und lösen keinen Entwicklungsschub aus: Lassen Sie Ihr Kind ohne Verärgerung impfen.

Röteln waren und sind für Kinder und Erwachsene eine leichte Krankheit mit nur wenigen Risiken. Es finden sich Lymphknotenschwellungen und nicht immer deutlich ein Exanthem (Hautausschlag), sehr selten Komplikationen. Schwangere mit Röteln aber gebären gehäuft Kinder mit schweren Missbildungen, sie leiden an der Rötelnembryopathie. Ziel der Impfung ist der Schutz der ungeborenen Kinder.

Mumps bleibt oft symptomlos. Bei deutlicher Erkrankung entsteht in 70 % eine Schwellung einer oder beider Ohrspeicheldrüsen, in 30 % kommt eine Meningoencephalitis hinzu, vor allem bei Säuglingen, teilweise mit bleibender Ertaubung und Krampfanfällen. Gut 30 % älterer Jungen erkranken an einer Hodenentzündung.

Polio (Kinderlähmung) bleibt in gut 90 % der Fälle weitgehend symptomlos, weitere 5 % werden wieder vollständig gesund, nur 0,1 % entwickeln schwere und schwerste Lähmungen bis zur Langzeitbeatmungsnotwendigkeit. Die von Lähmungen Betroffenen entwickeln noch nach 30 – 40 Jahren Verschlechterungen der motorischen Möglichkeiten.

Windpocken (Varizellen) gelten als harmlose Kinderkrankheit. Neonatale Varizellen, erworben in den letzten Schwangerschaftswochen oder während der ersten Lebenstage, sind indes lebensgefährlich, teils durch die Riesenzellpneumonie, teils durch eine Encephalitis. Bereits eine Woche nach Geburt verläuft die Infektion des Neugeborenen nicht mehr dramatisch. Ähnlich schwere Verläufe finden sich bei Immunsuppression (während Leukämietherapie). Kompliziert verlaufen Varizellen bei Kindern mit schwerer Neurodermitis durch eine übermäßige Hautentzündung. Selten möglich sind Hirnentzündungen mit guter Heilungsaussicht (Encephalitisformen mit Ataxie).

Das Dreitagefieber wird durch die Herpesviren Typ 6 und 7 ausgelöst und trifft praktisch alle Säuglinge und Kleinkinder. 95 % der Zweijährigen haben Antikörper. Das Virus verbleibt lebenslang im Körper (von Eltern und Geschwistern) und kann für Säuglinge wieder infektiös werden. Ab dem dritten Monat erkranken die Säuglinge an hohem Fieber bis über 40 °C mit wenig Infektzeichen außer etwas Schnupfen. Es folgt meist am dritten Tag eine akute Entfieberung, manchmal auch gestuft, mit flüchtigem Exanthem (Hautausschlag) in 20 % (nicht sicher erwartbar). Ungewöhnlich ist die oft erhebliche Irritation und Unruhe des Säuglings, die manchmal vorgewölbte Fontanelle, die teils heftigen und lang dauernden Fieberkrämpfe. Bislang existiert keine Impfung.

Ringelröteln werden durch das Parvovirus B19 ausgelöst und sind vor allem bei älteren Kindern am typischen Exanthem (Hautausschlag) mit girlandenförmigen, wechselnden Rötungen erkennbar. Problematisch werden Ringelröteln möglicherweise bei Säuglingen durch nachfolgende Blutbildungsstörungen bei Infektionen der Mutter in der Spätschwangerschaft durch intrauterine Fruchtschädigungen.

Die viralen Kinderkrankheiten sind nicht harmlos, die bakteriellen auch nicht. Die Großeltern, die sie ohne Impfung oder Antibiotika überlebt haben, haben Glück gehabt – die anderen können nicht mehr mitreden. Nötig ist es nicht, an ihnen zu erkranken; sie folgenlos durchgemacht zu haben, kann stärken.

Neonatale Infektionen

Toxoplasmose, Zytomegalie, Herpes simplex und Röteln gelten als die klassischen neonatalen Infektionen, sie werden bei kranken Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern mit Entwicklungsstörungen gezielt über Antikörpertests gesucht. Bereits während der Schwangerschaft erfolgen Suchtestungen bei der Mutter.

1 % aller Neugeborener kommt mit einer Zytomegalie-Infektion zur Welt. 90 % davon werden nicht klinisch krank. 10 % zeigen Leberfunktionsstörungen mit Bilirubinerhöhung und eine Schwerhörigkeit. Die Schwerhörigkeit kann sich erst nach der Geburt entwickeln. 50 % der schwerhörigen Kinder hatten eine Zytomegalie. Der Virusnachweis und damit der Infektionsnachweis gelingt über eine Urinuntersuchung. Eine Therapie ist möglich (Gangiclovir), wird aber nur selten durchgeführt.

Herpesviren kennen wir alle, nicht immer jedoch das besondere Risiko für Neugeborene und junge Säuglinge. Die Übertragung benötigt den direkten Hautkontakt, Neugeborene infizieren sich im Geburtskanal. Dramatisch und oft tödlich verläuft die neonatale Herpesinfektion wie eine Sepsis mit Multiorganversagen. Häufiger und meist erst in der zweiten Lebenswoche ereignet sich die Herpesencephalitis mit oft schweren, bleibenden Hirnschädigungen – meist ohne Fieber. Schließlich findet sich auch die typische Herpesform mit Bläschen im Bereich von Mund, Augen und Haut. Die Therapie erfolgt sofort und auch bei Verdacht mit Aciclovir. Das Medikament wird (auch über lange Zeit) sehr gut vertragen. Inzwischen wird nach Encephalitis eine mehrmonatige Prophylaxe mit Aciclovir angeraten. Die Herpeserstinfektion bei Säuglingen führt zu hohem Fieber, heftigen Schmerzen, Bläschen an Lippen, Zunge und Gaumen und dauert unbehandelt bis eine Woche. Aciclovir oral ist wirksam und nebenwirkungsfrei. Die Herpesinfektion des Auges kommt als Erstinfektion oder als Reinfektion vor. Auch hier ist Aciclovir sinnvoll, außerdem augenärztliche Hornhautkontrollen.

Toxoplasmose beim Ungeborenen oder Neugeborenen ereignet sich über die Erstinfektion der Schwangeren durch Katzenkot, ungenügend gebratenes Fleisch, Haustierkontakte, kontaminierte Salate, verschmutzte Hände. Vor allem die Infektion in der Spätschwangerschaft führt zur fetalen Infektion in 70 %. Neugeborene können nach Geburt ganz gesund wirken oder bereits schwer krank sein. Betroffene Kinder entwickeln im Verlauf alle Augensymptome im Sinne einer vernarbenden Netzhautentzündung (Chorioretinitis) mit bleibender Sehminderung und intrazerebralen Verkalkungen (durch verkalkende Entzündungsherde) oft mit Abflussstörung der Hirnflüssigkeit und Wasserkopfbildung (Hydrocephalus). Entscheidend ist die frühe Therapie, falls möglich bereits vor der Geburt. Eindeutige Diagnostik ist oft nicht möglich, behandelt werden soll auch auf Verdacht, da früh behandelte Kinder weniger neurologische Schäden entwickeln. Der Erreger bleibt lebenslang im Körper und kann bei Abwehrschwäche reaktiviert werden. Toxoplasmose ist eine der häufigsten ruhenden Infektionen beim Menschen.

Listeriose ist weltweit verbreitet: in vielen Tieren, in rohem Käse, auch an Salat. Die Keime überleben in Kühlschrank und Gefrierfach. Schwangerschaft erhöht die Anfälligkeit gegen Listerien. Sie erzeugen bei der Schwangeren grippeartige Symptome, beim ungeborenen Kind aber eine schwere Meningoencephalitis und Sepsis (schwere Hirnhautentzündung, verschiedene Hautausschläge, Organstörungen, Gerinnungsstörungen). Die Erkrankung kann nach der Geburt verzögert beginnen und hat leider eine hohe Todesrate beim Neugeborenen.

Bakterielle Infektionen

Die für den Menschen und insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder gefährlichen Bakterien galten nach der Entwicklung diverser Antibiotika und Impfungen als besiegt. Die Freude indes trügt, nicht nur in Afrika nehmen die Probleme mit bakteriellen Infektionen wieder zu.

Staphylokokken nennen wir die typischen Eitererreger in verunreinigten Wunden. Beim Neugeborenen ist es der Haupterreger von Nabelinfektionen, Brustdrüsenabszessen, Zehenentzündungen und eitrigen Pickeln. Staphylokokken sind die häufigste Ursache für Wundinfektionen und Knocheneiterungen. Sie sind in Nase, Rachen und an den Händen gesunder Menschen nachweisbar und können ein Toxin bilden, das heftigen Brechdurchfall auslöst, oder einen Toxinschock. Die Therapie ist kritisch geworden seit der zunehmenden Resistenz gegen übliche Antibiotika. Die sogenannten multiresistenten Staphylokokken (MRSA) wurden zum infektiologischen Notfall mit hohen Isolationspflichten in Krankenhäusern – ähnlich zu Corona. Inzwischen finden sich noch gefährlichere Resistenzbildungen.

Als Staphylodermie bezeichnet werden wachsende, schmerzhafte, nicht heilende Wunden mit Krusten, oft um die Nase und im Gesicht beginnend. Bei früher Diagnose mittels Mupirocin lokal gut behandelbar. Nach erheblicher Ausbreitung sind orale Antibiotika erforderlich. Ein Wundabstrich mit Antibiogramm ist vor Antibiotikagabe sinnvoll, da resistente Staphylokokken (15 – 20 %) rasch erkannt werden sollten.

Streptokokken werden in verschiedene Gruppen eingeteilt. Streptokokken A verursachen die typische Angina oder Mandelentzündung (Tonsillitis) und, falls der Stamm das Scharlachtoxin besitzt, begleitend das feinfleckige und leicht erhabene Scharlachexanthem (Hautausschlag bei Scharlach). Scharlach kommt praktisch nie bei Säuglingen vor. Die Schwere der Streptokokkentonsillitis nimmt aktuell zu, zehn Tage Penicillin ist wegen der langen Überlebenszeit von Streptokokken in den Zellen zu empfehlen. Dem werden einige Expert:innen widersprechen. Gegen Ende der Therapie die Zahnbürste austauschen!

Das durch Streptokokken ausgelöste Erysipel (Wundrose) ist eine flächig rot überwärmte, schmerzhafte Hautpartie mit scharfem Rand und raschem Wachstum. Abstriche sind meist unergiebig, Penicillin wird hoch dosiert und ausreichend lange nötig. An den Beinen können durch Lymphbahnschäden bleibende Lymphödeme entstehen. Alle Streptokokken A sind sehr empfindlich auf Penicillin – keine Resistenzen, kein Abstrich sinnvoll.

Die Streptokokkenproktitis ist eine bakterielle Infektion des Enddarms. Die Region um den After wird rot und schmerzhaft, manchmal entsteht ein scharlachartiges Exanthem (Hautausschlag). Der Abstrich auf Streptokokken A wird positiv. Die Therapie mit Penicillin ist nicht immer einfach, erhöhte Rückfallquote, eventuell kann mit Clindamycin behandelt werden.

Möglich, aber selten, sind Streptokokken-A-Pneumonien mit Flüssigkeitsansammlungen im Lungenspalt und bleibenden Lungenschäden. Im Winter 2023/2024 erkrankten etliche Kinder sehr schwer daran. Diskutiert wird eine Zunahme der Aggressivität von Streptokokken A. Gefürchtet wurden früher mit Streptokokken besiedelte Varizellen mit bedrohlichem Verlauf. Bei allen Hautinfektionen wirkt Mupirocin nicht nur zuverlässig auf Staphylokokken, sondern auch gegen Streptokokken. Seltene Komplikationen durch verschiedene Immunreaktionen nach Streptokokken sind das rheumatische Fieber und PANDAS, bei dem Kinder und Jugendlichen an Ängsten, Zwängen, Psychosen, Tics und/oder aggressiven Verhaltensstörungen erkranken. Manchmal hilft Penicillin, manchmal wird hoch dosiert Cortison empfohlen, manche Expert:innen bezweifeln die Existenz der Krankheit. Allein in unserer Praxis finden sich drei entsprechende Kinder.

Streptokokken B (kurz: Strep. B) verursachen bei Neugeborenen Sepsiserkrankungen. Deshalb werden Schwangere vor Geburt auf Strep. B untersucht. Die frühe Sepsis der ersten Lebenswoche wird meist in der Klinik erkannt, die späte Sepsis (bis zu 90 Tage nach Geburt) ereignet sich zu Hause, meist eine Meningitis.

Pneumokokken verursachen die meisten lebensbedrohlichen Lungenentzündungen bei Kindern mit ca. eine Million Todesfällen pro Jahr weltweit. Fast 90 % der Kinder beherbergen Pneumokokken in den Atemwegen. Nasenabstriche helfen nicht. Meist sind Kinder im ersten und zweiten Lebensjahr betroffen. Die Antbiotikaresistenzen nehmen aktuell zu, die Pneumokokkenimpfung erbrachte in den westlichen Industrieländern dramatische Erfolge. Neben Lungenentzündungen verursachen Pneumokokken Hirnhautentzündungen, Mittelohrentzündungen und die primäre Peritonitis, also eine Bauchfellentzündung ohne Erkrankung des Darms. Besonders oft erkranken Kinder nach Milzentfernung und mit Blutkrankheiten. Die Hochrisikogruppe erhält kontinuierlich über Jahre täglich Penicillinsaft.

Enterokokken wurden vom harmlosen Darmkeim zum gefürchteten Hospitalerreger mit teilweise unbehandelbaren Infektionen. Enterokokken verursachen 15 % der Sepsisfälle auf Neugeborenenintensivstationen. Der Keim bleibt an Stethoskopen oder Händen vital.

Pseudomonasbakterien sind meist Hospitalerreger, die vor allem chronisch kranke Organe besiedeln: die Lunge bei Mukoviszidose, die Haut bei Verbrennungen, oft im Ohr bei Ekzem. Gefährliche Erkrankungen (Lungenentzündung oder Sepsis) bei Früh- und Neugeborenen sind möglich, bakterielle Haut- und Lungeninfektionen durch verschmutzte Pools auch bei älteren Kindern.

Diphtherie ist eine in Westeuropa weitestgehend verschwundene Krankheit. Tonsillen und Rachen sind betroffen, mit weißlichen Belägen, Erstickungsgefahr (echter Krupp). Im Verlauf in 25 % Kardiomyopathie mit drohendem Herzstillstand, 10 % Sterberate. Das Herz und insbesondere das Reizleitungssystem werden durch die Diphtherie unrettbar geschädigt. Ein Gegenmittel ist nur anfangs bei früher Diagnose vorhanden und lebensrettend. Gesunde Diphtherieträger im Rachen erhalten eine Penicillintherapie. Die Impfung schützt sicher und macht die Krankheit unbekannt.

Haemophilus influenzae war einer der häufigsten Erreger schwerer bakterieller Infektionen wie Hirnhautentzündung, verschiedene Formen der Gewebeentzündung, gefährliche Kehldeckelentzündung, eitrige Gelenksentzündung, bakterielle Lungenentzündung, Nasennebenhöhlenentzündung, Mittelohrentzündung. Der Keim ist Teil der normalen Flora der Atemwege. Inzwischen besteht nur ein Risiko bei nicht oder nur teilweise geimpften jungen Säuglingen. Amoxicillin mit Clavulansäure hilft besonders gut und recht sicher.

Moraxella catarrhalis ist die Hautpursache für bakterielle Mittelohrentzündung bei Kleinkindern. Der Erreger ist nur schwer antibiotisch behandelbar, da er verkapselt. Amoxicillin allein ist oft unzureichend wirksam.

Pertussis (Keuchhusten) war eine der Haupttodesursachen für Kinder vor der Pertussisimpfung. Sie ist extrem ansteckend, 100 % Ansteckungsrate in Haushalten: Pertussis bekommen einfach alle in der Familie. Inkubationszeit: drei bis zwölf Tage, dann eine Woche leichter Husten und Schnupfen wie ein Virusinfekt. Ab der zweiten Woche „pertussiformer“ Husten, also zentral ausgelöste massive Hustenattacken mit schwerer Luftnot. Bei Neugeborenen und ungeimpften Säuglingen rascher Krankheitsverlauf, kaum Husten, Niesanfälle, rasch Atemstörungen und Zyanoseattacken, plötzlicher Kindstod ist möglich. Kinder unter drei Monaten sollen in die Klinik. Auch dort kommt es zu Hirnschädigungen. Das Antibiotikum Azithromycin ist besser als Erythromycin, da weniger Gefahr für Pylorushypertrophie (Pförtnerkrampf) besteht. Familienbehandlungen sind nötig. Schwangere Frauen werden inzwischen geimpft für den besseren Nestschutz der Neugeborenen. Hustende Menschen sollen nicht zu Neugeborenen, auch wenn der Husten schon länger anhält und der Erwachsene sich „wohlfühlt“.

Meningokokken sind eine seltene, aber sehr schwere Krankheit mit rasantem Verlauf und eventuellem Tod binnen Stunden. 10 % der Menschen tragen Meningokokken im Nasen-Rachen-Raum. Kleinepidemien kommen vor. Genetische Gründe spielen bei den schweren Verläufen eine Rolle (es finden sich Familien mit vermehrten schweren Meningokokkenerkrankungen, sie sollten umfassend geimpft werden). Meningokokken verursachen diffuse Gefäßschäden mit nachfolgendem Multiorganversagen. Kinder zwischen sechs Monaten und zwei Jahren sind besonders oft betroffen: Fieber, Erbrechen, Exanthem (Hautausschlag), Kopfschmerz, Lethargie, Husten, Gelenkschmerz, Nackensteifigkeit, Schüttelfrost, Lichtscheu, Krämpfe. Das Umfeld wird nach einer nachgewiesenen Meningokokkenerkrankung prophylaktisch behandelt. Gruppe-C-Meningokokken sind durch Impfungen selten geworden. Die Impfung sollte angesichts neuer Daten wiederholt werden. Gruppe-B-Meningokokken sind in Westeuropa inzwischen führend. Die Impfung ist neu und u. a. vom Robert Koch-Institut noch nicht empfohlen.

Tollwut: Nach Krankheitsausbruch ist der Verlauf fast immer tödlich! Ursache ist meist ein Hundebiss oder Kratzer (90 %). Eine sehr lange Inkubationszeit über Monate ist möglich. Medizinische Vorbeugemaßnahmen (Postexpositionsprophylaxe) verhindern Tollwut in praktisch 100 %. Beginnen Sie damit möglichst früh. Vorsicht: In der Türkei ist die Tollwut wegen vieler freilaufender Hunde verbreitet! Teure Therapie, da keine Kassenleistung.

Bartonella henselae (Katzenkratzkrankheit): Diesmal sind die Katzen Hauptursache: Papeln entstehen entlang der Kratzwunde, dann erhebliche Lymphknotenschwellungen. Labor ist sinnvoll und beweisend (Antikörper), Antibiotika (Azithromycin) sind angezeigt.

Botulismus bei Säuglingen (deshalb: kein Honig im ersten Lebensjahr): Clostridien können Botulinumtoxin bilden, das stärkste Nervengift der Erde. Sie leben in Staub und Erde und bilden Sporen, die auch langes Kochen überstehen. Diese Sporen kommen über Honig, Quellwasser und wohl auch Milch in den Darm eines jungen Säuglings, wo sie sich vermehren und das Toxin bilden. Der frühkindliche Botulismus trifft vor allem junge Säuglinge zwischen zwei und sechs Monaten, die ohne jedes weitere Krankheitszeichen akut vom Kopf absteigend symmetrische Lähmungen entwickeln, sehr schwach werden, die Augen nicht mehr offen halten können, nicht mehr schlucken oder atmen. Es findet sich eine sehr gute Therapie mit speziellem Immunglobulin auf einer Intensivstation, falls man rechtzeitig an die seltene Krankheit denkt. Botulinum-Immunglobulin gibt man bereits bei begründetem Verdacht. Die akute Botulinum-Toxin-Vergiftung in Nahrungsmitteln entsteht, falls das Toxin nicht durch Kochen oder Erhitzen zerstört wurde. Anders als die Sporen ist das Toxin hitzeempfindlich und zerfällt. Auch hier spielt Honig eine Rolle, denn er wird nicht gekocht.

Tetanus: Clostridien können auch das Tetanustoxin bilden, das zweitstärkste Nervengift der Erde. Auch Clostridium tetani leben in Staub und Erde und vor allem im Darm von Haustieren. Die Tetanuskrankheit wird nur durch das Toxin hervorgerufen. Infektionsquellen sind Wunden bei nicht oder ungenügend geimpften Menschen. In Europa erkranken Kinder an Tetanus, die von ihren Eltern nicht geimpft wurden – oft nach Bagatellwunden.

Tuberkulose: Auch dies ist eine nur scheinbar besiegte Krankheit. Viele Ängste der Volksmedizin beziehen sich auf die Tuberkulose: Angst vor nächtlichem Schwitzen, Untergewicht (Schwindsucht), anhaltendem Husten (Lungentuberkulose), unklaren Lymphknotenschwellungen. Armut, Migration, HIV, Fernreisen, reduzierte Kontrollen und ein zunehmendes Übersehen der Krankheit haben die Tuberkulose zurückgebracht. Antibiotikaresistenzen, unzuverlässige Medikamenteneinnahme und Begleitkrankheiten machen die Therapie kompliziert. Die frühe Erkennung der Tuberkulose ist schwer: Die Kinder wirken wenig oder nicht krank, husten etwas. Im fortgeschrittenen Stadium dann leichtes Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsabnahme und produktiver Husten, Milz- und Lymphknotenschwellungen. Tuberkulose kann alle Organe betreffen, bei Kindern öfters die Hirnhäute mit einer schwer verlaufenden tuberkulösen Meningitis. Früh findet die Augenärztin am Augenhintergrund spezifische Veränderungen.

Krätze-Skabies

Krätzmilben kommen weltweit vor, viel bei armen Kindern, zunehmend auch bei uns. Die Milben bohren Gänge in die Haut und verursachen im Verlauf vor allem nachts heftigen Juckreiz. Es entstehen Rötungen, Papeln, Bläschen, Krusten und zuletzt infizierte Ekzeme. Die ersten zwei bis fünf Wochen nach Beginn des Milbenbefalls können symptomlos sein. Fehldiagnosen sind anfangs häufig. Säuglinge und Kleinkinder zeigen Veränderungen an Händen und Füßen, im Gesicht und auf dem Kopf, ältere Kinder eher nicht. Junge oder empfindliche Kinder entwickeln größere entzündliche Knoten, erleiden Zusatzinfektionen mit Streptokokken oder Staphylokokken und manchmal entsteht ein dicht mit Milben übersätes krustiges Ekzem.

Die Übertragung braucht eine längere Kontaktzeit mit der Haut, Händeschütteln reicht nicht, aber enge Haushaltskontakte, der Aufenthalt in Heimen und Krankenhaus oder gemeinsames Schlafen. Übertragungen über Wäsche oder Bettbezüge sind möglich, aber selten. Die Milben sterben ohne Nahrung nach wenigen Tagen, bei hoher Temperatur schneller, bei 60 ° in Waschmaschine oder Trockner zuverlässig.

Die Behandlung erfolgt mittels Permethrin-Creme 5 % (ab dem dritten Lebensmonat) oder mit Ivermectin-Tabletten (ab 15 kg Körpergewicht). Behandelt wird die ganze Familie gleichzeitig und falls möglich nach acht bis zehn Tagen erneut. Resistenzen nehmen zu, erneute Wiederholungsbehandlungen oder Simultanbehandlungen können nötig werden. Trotz Behandlung bleiben Juckreiz und Ekzem(e) oft lange Monate bestehen.

Für Schwangere ist kein Mittel zugelassen, für Neugeborene und junge Säuglinge sind die offiziellen Therapiemöglichkeiten gering. Off-label, also ohne den Segen der Juristerei und der Gesundheitsbürokratie, bewähren sich Permethrin und Ivermectin.

Wanzen

Die Bettwanze entstammt einer großen Tierfamilie mit vielen Tausend Arten. Einmal eingeschleppt, können die nachtaktiven Tiere eine ganze Wohnung besiedeln und nachts bei den schlafenden Bewohner:innen Blut saugen. Tags bilden sich juckende Bissstellen. Es lohnt, eine:n Kammerjäger:in für die Entfernung des Eindringlings aus Bett und Wohnung zu engagieren.

Flöhe

Eine weitere größere Tierfamilie sind die Flöhe. Sie leben meist bei Haustieren, nur manchmal beim Menschen. Sie verursachen kurze Ketten von stark juckenden Bissstellen auf der Haut. Sie können Krankheiten übertragen und besonders gefürchtet wird die Pest (Rattenfloh). Erneut sollte ein:e Kammerjäger:in zur Hilfe eilen und ein Tierarzt das Haustier behandeln.

Läuse

Sie befallen vor allem in Kindergärten und Schulen Mädchen und verursachen Juckreiz. Die Nissen finden sich zuverlässig hinter und über den Ohren im Haar, als fest an die Haare geklebte, ovale Strukturen. Die Läuse selbst finden sich nur selten.

Die Behandlung erfolgt lokal mit Silikonölen (Dimethicone) und durch nachfolgendes Auskämmen der Nissen mittels Haarspülung und Nissenkamm. Auch hier Behandlungswiederholung nach acht bis zehn Tagen. Nach erster intensiver Behandlung gelten die Kinder als nicht mehr ansteckend und können wieder in die Schule. Die Behandlung gelingt zu Hause nicht immer, manchmal übernehmen wir die Prozedur in der Praxis.

Zeckenerkrankungen

Zecken bestehen aus unterschiedlichen Spezies, nicht nur dem gemeinen Holzbock, und sie können neben Borrelien (Bakterien) oder FSME-Viren etliche weitere Krankheitserreger übertragen. Manche Zeckenarten bevorzugen inzwischen die Winterzeit. Die Zahl der infizierten Zecken und ihre Verbreitung nimmt zu. Bis zu 30 % enthalten Borrelien und 0,5 – 5 % FSME-Viren. Die FSME-Viren infizieren sehr rasch und in wenigen Stunden, da sie im Speichel der Zecken leben. Die Übertragung der Borrelien erfolgt langsam und hier nutzt die frühe Entfernung der Zecke.

Borrelieninfektionen können ohne Symptome oder mit geringen Symptomen spontan abheilen, sie hinterlassen jedoch oft Antikörper im Blut und es können dadurch Fehldiagnosen nachfolgen. Nach Borrelien-Antikörpern soll deshalb nur aus gutem Grund gesucht werden. Vermutet werden bis zu 200.000 Borrelien-Erkrankungen in Deutschland im Jahr.

Häufigste Krankheit ist die Wanderröte im Bereich der Stichstelle oder, seltener, an anderer Stelle. Bei früher Behandlung können Antikörper im Blut fehlen. Behandelt wird mittels geeigneten Antibiotikums über zehn bis 14 Tage und die Therapie ist, falls richtig dosiert und tatsächlich gegeben, immer wirksam. Die Borreliose kann Gelenkbeschwerden und eine Entzündung verursachen, auch lange nach dem Stich.

Gefürchtet sind die Borreliosen des Nervensystems mit Kopf- oder Nervenschmerzen, Schwindel oder Lähmungen. Hirnhautentzündung, Hirnentzündung oder Rückenmarksstörungen können auftreten, selten eine Herzbeteiligung mit Herzrhythmusstörungen. Die präzise Diagnostik erfordert meist die Untersuchung des Hirnwassers, behandelt wird mit Antibiotika.

Noch nach Jahren können sich späte Borrelienkrankheiten entwickeln, z. B. mit chronischen Hautveränderungen und Nervenschäden. Warum solche späten Folgen entstehen, ist unbekannt.

Antikörper im Blut lassen sich finden nach folgenlos ausgeheilter Borreliose, nach erfolgreich behandelter Borreliose und bei akuter und aktiver Borreliose. Die Interpretation der Laborwerte bleibt öfters strittig, die Lumbalpunktion wird gern vermieden.

FSME-Infektionen beginnen eine Woche nach dem Zeckenbiss als Sommergrippe. Bei einem Teil der Betroffenen entwickelt sich nach einer kurzen Krankheitspause eine Hirnhaut- oder Hirnentzündung mit hohem Fieber und Entzündungszeichen. Jüngere Kinder werden kaum oder nie von einem schweren Verlauf betroffen. Erst ab dem sechsten Lebensjahr werden schwere Verläufe möglich mit Lähmungen, Krampfanfällen, Bewegungsstörungen und bleibenden Hirnschäden. Die schwere FSME-Infektion führt zur schweren Mehrfachbehinderung. Auch bei günstigem Verlauf braucht es lange Erholungszeiten. Pro Jahr gibt es in Deutschland ca. 500 Fälle.

Warzen

Warzen entstehen vor allem durch Warzenviren (HPV). Typ 1 verursacht Warzen an den Fußsohlen, Typ 2 und 4 Dornwarzen an den Händen, Typ 3 und 6 Flachwarzen, Typ 6 und 11 Genitalwarzen. Menschen mit kalten Extremitäten, Schwitzneigung und trockener Haut werden öfters betroffen, Kinder besonders. Gegen Genitalwarzen gibt es inzwischen einen gut verträglichen Impfstoff, denn Warzenviren können im Verlauf Karzinome auslösen.

Die Therapie ist mühsam und oft unbefriedigend – und manchmal sind die störenden Warzen irgendwann über Nacht weg. Bei zu intensiven Maßnahmen bleiben störende Narben.

Dellwarzen entstehen durch ein anderes Virus, sie können sich massiv ausbreiten. Die Therapie ist mühsam, auch hier heilt oft die Zeit.

Weitere Schädlinge

Neben Bettwanzen, Flöhen, Läusen, Zecken und Krätze beunruhigen Großtiere wie Mäuse, Ratten und Marder und Kleintiere wie Ameisen, Kakerlaken, Käfer, Fliegen, Motten und Silberfischchen. Neu hinzugekommen sind Sorgen um beißwütige Spinnen und Stechmücken mit gefährlichen Tropenkrankheiten im Gepäck. Eine schädlingsgeplagte Familie ist manchmal bereit, ihr Haus zu verkaufen oder entwickelt sich zur gnadenlosen Horde von Jägern und Fallenstellerinnen. Flöhe, Wanzen und Krätze können ernsthafte psychische Schäden hinterlassen.

Abwehrschwäche

Die Abwehrschwäche ist eine der häufigsten Verdachtsdiagnosen durch Eltern in der Praxis und Anlass zahlreicher frustrierender Untersuchungen und Besprechungen. Über 300 sehr seltene Krankheiten sind darunter inzwischen definiert. Meist haben sie eine genetische Ursache und oft sind Angehörige mit der Krankheit bekannt. Man unterteilt die verschiedenen Formen der Abwehrschwäche in T-Zell-Krankheiten (meist mit Lymphozytenmangel), B-Zell-Krankheiten und Antikörpermangel, in Komplementdefekte (Störungen in der Entzündungskaskade) und Phagozytosedefekte (wenn Fresszellen Bakterien oder Zelltrümmer nicht abräumen können). Ein Teil der Krankheiten verläuft sehr schwer und bedarf der Stammzelltherapie. Eine erste genetische Abwehrschwächekrankheit wird inzwischen im Neugeborenenscreening abgefragt. Kinder mit Abwehrschwäche leiden an besonders vielen und besonders schweren Infektionen und genau dies ergibt die Brücke zu den elterlichen Sorgen. In Freiburg gibt es eine Arbeitsgruppe in der Kinderklinik für Fiebersyndrome und Abwehrschwäche.