Vorwort

Neugeborene und Säuglinge

Gesundheitsprobleme bei Kindern nach dem Säuglingsalter

Behinderung, Erziehung, Förderung, Rehabilitation und ärztliches Handeln

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Gesundheitsprobleme bei Kindern nach dem Säuglingsalter

Sauber – Trocken – Schlafen

Sauberkeitserziehung und Verstopfung

Die Stuhlgangkontrolle gelingt Mädchen früher als Jungs, bereits im zweiten Lebensjahr können sie sich bewusst in eine stille Ecke zurückziehen und aufs Töpfchen setzen; mit drei Jahren gelingt zahlreichen Kindern die Stuhlkontrolle zuverlässig. Stuhlgangtraining soll vor allem positiv und gelassen erfolgen. Die auch vegetativ gesteuerten Funktionen Essen, Verdauen, Wasserlassen und Schlafen gehe man vorsichtig an, man kann sie nachhaltig stören. Nutzen Sie die vermehrte Enddarmaktivität ca. zehn bis 15 Minuten nach dem Essen. Ob frühes Üben wirklich gut ist oder man besser einfach abwartet, bleibt strittig. Wahrscheinlich sind die Übungserfolge vor allem Reifungsfolgen der biologischen kindlichen Entwicklung.

Verstopfung ist ein großes Thema dieser Zeit. Weniger als zweimal Stuhlgang pro Woche, im Ultraschall ein stuhlgefüllter Enddarm und ein großer Enddarmdurchmesser mit dicken Kotballen und Beschwerden beim Toilettengang erlauben die Diagnose. Mehr trinken hilft meist nicht, mehr Ballaststoffe etwas, ein bis zwei Beutel Macrogol täglich über Monate hilft gut. Bleibt die Verstopfung trotz ausreichend hoch dosierter Therapie (meist über ca. sechs Monate), so erfolgt Diagnostik in einer Gastroenterologie. Es geht um seltene Krankheiten wie Morbus Hirschsprung. Hierbei fehlen in einem kurzen Darmabschnitt Nervenzellen und der Darm bleibt verengt. Davor staut sich zunehmend Kot und der Darm weitet sich massiv. Es muss das nervenfreie Segment gefunden und entfernt werden. Nötig werden können zudem Rückenmarksdarstellung, Endoskopie und Darmbiopsie. Mehrere seltene Erkrankungen von Nerven und Darmwand sind möglich.

Einkoten bei älteren Kindern ist ein massives Problem. Wegen des Geruchs brauchen sie eine zweite Garnitur in der Schultasche. Konsequentes Stuhltraining, konsequente Stuhlweichmacher, anhaltend ambulante oder stationäre Psychotherapie werden nötig, um die Mischung aus Verdrängung, Protest und Gewohnheit aufzulösen. Schwere Traumata können sich verbergen.

Soziale Kontinenz ist das große Ziel bei Kindern und Jugendlichen mit Fehlbildungen des Enddarms oder Spina bifida („offener Rücken“). Inzwischen haben sich Strategien mit Einläufen, Tampons, Kontinenzoperationen und Medikamenten etabliert, die in einigen wenigen Kursen in Deutschland vermittelt werden (z. B. SOMA e. V.). Die Krankenversicherungen vergüten sie nur ungern, dabei sind sie unendlich wichtig.

Einnässen

Nach dem fünften Lebensjahr gilt Einnässen als Krankheit, aber bereits im dritten Lebensjahr wird es zum Problem. Zuerst müssen organische Gründe gesucht werden, was gar nicht so einfach ist; ein Ultraschall reicht nicht. Es wird unterschieden zwischen Einnässen im Wachen, Einnässen im Schlaf sowie Einnässen nach einer Phase der bereits gelungenen Trockenheit.

Nächtliches Einnässen gilt als Folge eines besonders tiefen Schlafs. Die Blasenaktivität weckt das tief schlafende Kind nicht. Häufig berichtet ein Elternteil über ähnliche Erfahrungen in der eigenen Kindheit. Entsprechende Kinder lassen sich nur schwer wecken, bewegen sich viel im Schlaf oder hatten bzw. haben Phasen mit Schlafwandeln oder Nachtschreck. Traditionell werden einnässende Kinder nochmals zur Toilette geschickt, bevor die Eltern zu Bett gehen. Dadurch verringert sich die Blasenkapazität über die Nacht und das Problem nimmt zu. Teilweise erhalten sie abends weniger zu trinken – das hilft auch nicht. Heftige Ermahnungen oder Befürchtungen sind regelhaft dabei, denn „Bettnässer:innen“ erleiden viele Vorurteile.

Sogenannte Klingelhosen klingeln zwar, wecken das ganze Haus, nur das Kind schläft tief und fest. Die Klingelhosen werden oft ausgestellt und bleiben in der Schublade, da man am nächsten Tag arbeiten gehen muss und obgleich die Ärztin bzw. der Arzt gesagt hat, das Kind müsse unbedingt geweckt und aufs Klo geführt werden – wegen des erhofften Lerneffekts für das vegetative Unterbewusstsein. 80 % lautet die Erfolgsquote, falls man es richtig macht; die Realität der Familien lässt solche Erfolgsraten nicht zu. Man rät danach zu Geduld und zur Windel und das Kind leidet.

Eine andere Variante des Einnässens ist der imperative Harndrang. Bereits bei geringer Blasenfüllung ist der Handrang so groß, dass es manchmal schon zu spät ist. Diese Übererregbarkeit der Blase entsteht nach Überdehnung durch langes Anhalten oder Unterkühlung oder bei Harnwegsinfekt. Medikamentöse Therapie hilft gut.

Bei Kindern mit Spina bifida oder Querschnittslähmung erfolgen komplexe urodynamische Untersuchungen und medikamentöse, operative oder andere Therapien (Selbstkatheterisierung). Nur wenige Zentren haben noch die Zeit, Eltern und Kind gut zu betreuen.

Schlafen

Nach liebevollem Zubettbringritual der Eltern wohlbehütet einzuschlafen, bestenfalls die Atemgeräusche des Geschwisters im Ohr, ist inzwischen ein seltenes Privileg. Der Raum sei ruhig, groß genug, kühl und dunkel, der Tag abgeschlossen ohne Angst, Kränkung und Ärger. Es geht auch im großen Familienbett. Zunehmend wird auf die Einhaltung von guten Ritualen Wert gelegt. Für Schlafprobleme gibt es unzählige Ursachen – bei den Eltern, in der Wohnung, beim Kind. Die tatsächliche tagtägliche Situation zu verstehen, braucht Zeit und es geht um das Erleben der Eltern und deren Zuschreibungen und zuerst nicht um die Schlafsituation des Kindes. Kinder mit fragilem X, Autismus oder schweren Epilepsien mit nächtlichen Anfällen ergeben immense nächtliche Herausforderungen an die Eltern. Das Schlafmittel Melatonin wird oft gefordert, da angeblich nebenwirkungsfrei, ist aber meist nicht auf Kassenrezept verordnungsfähig.