Die Atemwege
Atmung ist der sichtbare und spürbare Grundrhythmus unseres Körpers. Die Einatmungsluft enthält 21 % Sauerstoff sowie Grob- und Feinstaub, Mikroplastik, Viren, Bakterien, Pilze, Pollen, Toxine und Rauch. Die Luft wird in der Nase grob gereinigt, erwärmt, angefeuchtet und strömt über die Atemwege in die Alveolen (Lungenbläschen). Dort wird Sauerstoff gegen Kohlendioxid ausgetauscht und unzählige Gase, Flüssigkeiten und Partikel gelangen in den Körper, die Blutbahn, werden abgebaut, gelagert und/oder wieder ausgeschieden. Manches macht krank, führt zu Entzündungen, schädigt z. B. die besonders empfindlichen Kinder. Die Zusammensetzung der Einatemluft können wir nur erahnen; manches riechen wir, manches sehen wir, manches meinen wir zu wissen. Die Grenzwerte für Feinstaub, Toxine, Chemikalien und Keime sind strittig und werden offiziell nur selten erreicht oder gar überschritten. Trotzdem sterben bei Smoglage oder an Flugplätzen Menschen früher, erhöht sich das Risiko von Herzinfarkt und Tumorerkrankungen, husten die Kinder. Für saubere Luft verlassen Familien inzwischen die Innenstädte, die Abluftschneisen von Industrieanlagen und andere belastete Regionen. Weil zuverlässige Studien fehlen, bleibt die Lage unübersichtlich.
Der lebensnotwendige Gasaustausch findet an den Lungenbläschen statt, alle vorgeschalteten Atemwege sind nur für den Transport da und gelten als Totraum bezüglich des Gasaustauschs. Kohlendioxid diffundiert ca. 20-mal schneller als Sauerstoff. Sind die Lungenbläschen krank, so hilft zusätzlicher Sauerstoff, Kohlendioxid kommt zurecht. Sind die Atemwege krank und die Luft kommt weder ausreichend an den Lungenbläschen an noch ausreichend wieder weg, so fehlt Sauerstoff und auch Kohlendioxid bleibt im Blut vermehrt zurück. Schrittweise können wir uns an den Luftwegen entlangbewegen und die jeweiligen Krankheiten benennen. Für Nase, Rachen, Kehldeckelregion, Luftröhre und Bronchien finden sich typische Entzündungen, Schäden, Missbildungen oder Tumore. Dabei kann z. B. ein Keim einmal vor allem die Nase treffen, dann eher die Luftröhre, schließlich vor allem das Lungengewebe.
Kinder haben pro Jahr sechs bis acht Luftwegsinfekte, Erwachsene nur zwei bis drei, Kinder in einer Krippe doppelt so viele und Infektionsketten sind möglich. Manchmal wird nach drei Monaten Dauerhusten Ursachensuche vorgeschlagen, manchmal schon nach vier Wochen. Aus der großen Zahl gutartiger Krankheiten oder Besonderheiten sind die gefährlichen, bedrohlichen und langfristig wichtigen Krankheiten herauszufinden. Die banale Erkältung kann nicht nur zur Nasennebenhöhlenentzündung führen, sondern auch zum bakteriellen Abszess. Die Streptokokken-Mandelentzündung hört meist ohne Antibiotika auf, bleibt dann aber länger ansteckend und es drohen zwar seltene, aber schwerste Komplikationen. Die Differenzialdiagnose von Schnupfen, akutem oder chronischem Husten, Heiserkeit, Giemen, Stridor (ein lautes Atemnebengeräusch) oder hoher Atemfrequenz ist riesig. Eltern und Kinderärzt:innen stehen am Beginn eines meist unbekannten Krankheitsprozesses und keiner definierten Krankheit.
Klinik und Diagnostik der Atemstörungen
Stridor: Lautes Nebengeräusch während der Einatmung durch eine Engstelle in den oberen Atemwegen; dadurch angestrengte Einatmung mit Einziehungen zwischen den Rippen und Atemnot mit Angst: Möglich sind Engstellen in Mund, Rachen oder Luftröhre (Fremdkörper, Mandelentzündung, Kehldeckelentzündung [Epiglottitis], Luftröhrenveränderungen), häufig und meist harmlos bei Pseudokrupp (entzündliche Schleimhautschwellung unter der Stimmritze mit Heiserkeit, bellendem Husten und Stridor).
Giemen: Leises, teils pfeifendes Nebengeräusch während der verlängerten Ausatmung mit angestrengtem Herauspressen der Luft: Kinder sitzen, stützen sich ab, meist bei Asthma, obstruktiver Bronchitis (Bronchienentzündung mit Engstellung der Ringmuskulatur um die kleinen Bronchien) oder Mukoviszidose.
Stöhnen: Atemnebengeräusch meist während der Ausatmung mit Husten und beschleunigter Atemfrequenz; starke Atemarbeit, manchmal Schaumbildung, feuchter Husten, öfters sichtbare Mitbewegungen der Nasenflügel (sogenanntes Nasenflügeln); typisch für Bronchiolitis (Entzündung der unteren kleinen Äste der Bronchien), schwere Lungenentzündung, nach Süßwasseraspiration, nasse Lunge der Neugeborenen
Rasselgeräusche (Stethoskop erforderlich): Feinblasige Rasselgeräusche sind typisch für Lungenentzündungen, Knisterrasseln bei Bronchiolitis (Entzündung der unteren kleinen Äste der Bronchien). Grobblasige Rasselgeräusche entstehen bei Bronchitis mit Schleim, bei Asthma oder älteren Infekten.
Pleurareiben (Stethoskop erforderlich): knarrendes, ohrnahes Geräusch zu Beginn einer Rippenfellentzündung
Dämpfung und Überblähung (Beklopfen des Brustkorbs mit den Fingern): Ist ein Lungenanteil nicht mehr belüftet, so wird der Klopfschall dunkler und gedämpft. Wird die Lunge überbläht, wirkt der Klopfschall lauter und mit hellerem Klang. Durch Ultraschall und Röntgen hat die Bedeutung des Klopfens (Perkussion) stark abgenommen.
Atemschwäche: Bei Muskelschwäche und Lähmungen von Zwerchfell und Atemmuskeln kommt es zur oberflächlichen, schwachen, aber angestrengten Atmung, teilweise mit paradoxer Atmung in den Bauch.
Pulsoxymetrie misst den Sauerstoffpartialdruck am Finger, Zeh oder Ohr (kleines, kostengünstiges, sehr wertvolles Gerät zur Überwachung von Atemstörungen). Eine Sauerstoffsättigung über 95 % ist gewünscht. Bereits eine leichte Minderung der Sauerstoffsättigung, z. B. auf 90 %, zeigt eine ernste Störung an! Grund ist die nicht lineare Kurve der Sauerstoffbindung. Die Pulsoxymetrie ist nicht ausreichend, um die Atmungssituation eines Kindes zu verstehen, auch weil es häufige Fehlmessungen durch kalte Extremitäten oder Sensorprobleme gibt. Weitere Laboruntersuchungen werden nötig. Bei klarer Situation und richtiger Technik ist es ein ausgezeichnetes Überwachungsinstrument auch für zu Hause und über die Zeit.
Nasenbluten
Ursachen sind Finger oder Fremdkörper, Infekte, Verletzungen von außen, verringerte Blutplättchen oder Gerinnungsstörungen und Medikamente, extrem selten ein erstes Zeichen von Leukämien. Das Kind mit Nasenbluten soll sitzen, die tropfende Seite zudrücken, nicht liegen, nichts hineinstopfen, sondern warten. Die Blutung kommt meist aus dem unteren, beweglichen Drittel der Nase und hört zuverlässig wieder auf. Im ersten Schritt gibt es Nasensalbe dreimal täglich an den Nasenunterrand. Wiederholt sich Nasenbluten mehrfach, so wird Blut abgenommen (Allergien, Gerinnungsstörung, Blutbild). Schließlich, falls alle Werte gut sind, wird die/der HNO-Ärzt:in gebeten, das blutende Gefäß zu veröden. Das kommt nur selten vor.
Nasenpolypen
Sie entstehen durch chronische Entzündungen, besonders häufig bei Mukoviszidose. Es findet sich eine chronisch verlegte Nase mit nasaler Sprache und Mundatmung. Seit Kurzem existieren neue Therapieverfahren.
Die einfache Erkältung
Sie betrifft vor allem die Nase mit Schnupfen, wenig Fieber, wenig Husten; meist Rhinoviren. Sie dauert wenige Tage bis eine Woche. Öfters entsteht bei kleinen Kindern eine Mittelohrentzündung und bei älteren Kindern oder Erwachsenen eine Nasennebenhöhlenentzündung. Manchmal sinkt der Infekt ab zu den Bronchien und wird zur Bronchitis, manchmal auch zur Lungenentzündung. Die einfache Erkältung ist einfach, sobald sie unkompliziert zu Ende gegangen ist – dann war ärztliches Eingreifen nicht nötig.
Die Sinusitis
Die Nasennebenhöhlen sind bei jeder einfachen Erkältung mitbetroffen. Eigentlich ist eine Erkältung also eine „Rhinosinusitis“. Bei ca. 2 % der Erkältungen entsteht eine eigenständige Sinusitis mit anhaltend eitrigem Nasensekret, Fieber, Gesichtsschwellung, Kopfdruck und Kopfschmerz vor allem in Kopftieflage, Riechverlust und Zahnschmerz. Gut 50 % dieser primär viral ausgelösten Sinusitis heilen ohne Antibiotika, die anderen 50 % nicht. An Bakterien finden sich vor allem Pneumokokken, Haemophilus und Moraxella. Die Therapie erfolgt meist mit Amoxicillin und Clavulansäure. Die Erfolge sind nicht immer gut, denn es gelingt kein sicherer Keimnachweis, öfters finden sich mehrere Erreger und Knochenhöhlen sind für ausreichende Wirkspiegel von Antibiotika kritisch. Die Kieferhöhlen belüften sich erst ab vier Jahren, die Stirnhöhlen ab acht Jahren. Dagegen sind die Ethmoidalzellen (Nasennebenhöhlen im Schädelinneren, nicht sichtbar von außen) ab Geburt vorhanden und können sich infizieren. Erst die Abszessbildung mit Ausbreitung der Entzündung, z. B. in eine Augenhöhle, macht die Infektion sichtbar. Zuvor lässt sie sich vermuten, bei starken Entzündungszeichen und ausbleibender spontaner Besserung; antibiotische Behandlung auf Verdacht. Bei Schulkindern und Jugendlichen sind Hirnabszesse durch Ausbreitung einer Entzündung aus der Stirnhöhle möglich, aber unwahrscheinlich.
Die Rachenentzündung (Pharyngitis)
Der rote entzündete Rachen mit Schluckschmerzen und vergrößerten Lymphknoten nennt sich Pharyngitis. Sind Husten und Schnupfen dabei, handelt es sich fast immer um eine virale Form, also kein Antibiotikum geben, sondern abwarten. Ohne Husten und Schupfen kann die Krankheit viral ausgelöst, aber auch eine Streptokokken-A-Mandelentzündung sein, also ist ein Rachenabstrich vorzunehmen. Finden sich keine Streptokokken der Gruppe A, so bleiben neben den Viren andere Bakterien möglich: Haemophilus, Staphylokokken, Chlamydien, Fusobakterien. Werden die Halsbeschwerden sehr heftig, steigt das Fieber sehr hoch, und verschlechtert sich der Befund, drohen Komplikationen (Abszesse, Embolien). Für A-Streptokokken findet sich manchmal der Ratschlag, nicht mehr antibiotisch zu behandeln. Wir plädieren weiterhin für zehn Tage Penicillin, da es zu schweren Komplikationen kommen kann.
Abszesse führen je nach Ausbreitungsweg zu verschiedenen Krankheitsbildern, z. B. zu einer Zunahme der Schluckstörung, der Speichel wird nicht mehr geschluckt, der Mund kann kaum geöffnet werden. Die Stimme wird kloßig, es entstehen Einatmungsnebengeräusche, Luftnot, Angst und reduzierte Kopfbeweglichkeit. Es entwickelt sich ein Notfall. In der Klinik soll eine Racheninspektion vorgenommen und das weitere Vorgehen festgelegt werden. Manchmal reichen hoch dosierte Antibiotika, manchmal wird die rasche Chirurgie nötig. Epstein-Barr-Viren können eine Mandel- und Halsschwellung hervorrufen, die analoges Vorgehen nötig macht. Zahlreiche gesunde Kinder oder Erwachsene tragen Streptokokken im Rachen – und behalten einen positiven Strep-A-Test. Man kann behandeln, muss aber nicht. Eventuell besteht nur geringe Infektiosität.
Die Tonsillen (Rachenmandeln) sind immunologisch wichtig, ihr größtes Volumen besteht zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr, ab acht Jahren werden sie kontinuierlich kleiner. Die Tonsillen können ab dem zwölften Lebensjahr z. B. nach sehr häufiger Tonsillitis (Mandelentzündung) entfernt werden (Tonsillektomie). Aber nach wenigen Jahren zeigen die Kinder wieder ähnliche Raten an Racheninfektionen wie vor der Operation. Die Tonsillenverkleinerung (Tonsillotomie) dient vor allem der Behandlung von Atemstörungen. Zerklüftete Mandeln können kleine Mandelsteine enthalten, die sehr schlecht riechen und sich entfernen lassen. Die Rachenmandel wird durch eine Spiegeleinstellung des HNO-Arztes oder der HNO-Ärztin beurteilt. Sind die Rachenmandeln groß, können sie die Belüftung des Mittelohrs verlegen und es kommt zur Mittelohrentzündung. Es wurde lange geglaubt, dadurch entstünden Schwerhörigkeit und Sprachstörungen, aktuell wird der Zusammenhang angezweifelt.
Die Entzündungen der oberen Luftwege
Die entzündlichen Erkrankungen der oberen Atemwege, also Laryngitis (Kehlkopfentzündung), Epiglottitis (Kehldeckelentzündung) und Tracheitis (Luftröhrenentzündung), können unabhängig von der Ursache zu bedrohlicher Luftnot führen, mit lauten Atemnebengeräuschen bei der Einatmung (Stridor) und verschiedenen Hustenformen.
Der Pseudokrupp entsteht durch entzündliche Schwellung der subglottischen Region (Bereich unterhalb der Stimmritze) mit anhaltendem Bellhusten, Heiserkeit und ziehender Einatmung (Stridor), oft mitten in der Nacht. Ruhe ist angezeigt, das Kind bleibt auf dem Arm der Eltern, bei Blauverfärbung und massiver Atemnot muss ein:e Notärzt:in gerufen werden. Meist erreicht man gut die nächste Ambulanz, das Kind erhält Cortison und/oder eine Epinephrininhalation und es beruhigt sich. Kinder mit Pseudokrupp erkranken oft wiederholt – deshalb erhalten sie Zäpfchen oder Saft nach Hause. Die virale Laryngotracheitis führt häufiger als die Erkältung zu Komplikationen wie Mittelohrentzündung, bakterieller Superinfektion oder Pneumonie.
Früher oft, heute sehr selten ist die ähnlich verlaufende, aber weit bedrohlichere Epiglottitis, eine bakterielle Entzündung der Kehldeckelregion, insbesondere des Kehldeckels durch Haemophilus influenzae. Typisch ist hohes Fieber mit erheblich reduziertem Allgemeinbefinden, Speichelfluss, kloßige Sprache. Wenn akute Erstickung droht, wird eine Intubation erforderlich. Bereits der Verdacht ist ein Notfall. Erstickungen zu Hause und in der Klinik sind bei heftigen Entzündungen der oberen Luftwege möglich, selten bei viraler Ursache, meist bei bakterieller Erkrankung. Intubationsschwierigkeiten und reflektorischer Herz-Kreislauf-Stillstand sind die Risiken im Rahmen der ärztlichen Nothilfe.
Die bakterielle Tracheitis durch Staphylokokken kann als Komplikation nach primär viraler Erkrankung entstehen. Problematisch sind Staphylokokken mit weitgehender Antibiotikaresistenz, bekannt als MRSA-Erreger. Statistisch gesehen sind von 10.000 Infekten der oberen Luftwege 9.000 viral. Es gibt viele Hundert Mittelohrentzündungen, aber nur vereinzelt kommt es zu bedrohlichen Komplikationen. Diese gilt es zu erkennen, sowohl seitens der Eltern als auch der Ärzt:innen.
Die nicht entzündlichen Krankheiten von Larynx, Epiglottis und Luftröhre
Ein weicher Kehlkopf (Laryngomalazie) führt bereits bei Neugeborenen zu Atemnebengeräuschen bei der Einatmung. Bei Infekten kann das Phänomen zunehmen. Durch die/den HNO-Ärzt:in erfolgt eine Laryngoskopie (durch die Nase, ohne Narkose, geht gut).
Die angeborene Stimmbandlähmung ergibt einen auffallend tonlosen, schwachen Schrei und ist häufiger bei Hirnstammveränderungen. Selten findet sich die Subglottisstenose, eine Engstelle kurz unterhalb der Stimmritzen, oft als Folge längerer Intubation von Frühgeborenen.
Bei einer weichen Luftröhre (Tracheomalazie) kann es bei starker Einatmung zu Luftnot und lautem Atemnebengeräusch kommen. Manchmal wird eine Trachealkanüle über die ersten Lebensjahre erforderlich.
Bei Säuglingen und Kindern kann sich eine anhaltende Heiserkeit einstellen (über zwei Wochen), meist verursacht durch Stimmbandknötchen und unverhältnismäßig häufiges Schreien oder Singen. Nicht selten ergibt sich als Mitursache ein Reflux und der Magensaft hat die Stimmbänder geschädigt.
Die Papillomatose entsteht durch primär gutartige Warzenviren (humane Papillomaviren), die jedoch einen sehr schweren Verlauf nehmen kann mit bedrohlicher Schädigung der Luftwege. Operationen und antivirale Substanzen werden nötig.
Die akute Bronchitis
Sie kann auf einen viralen Infekt folgen oder direkt als virale Bronchitis beginnen. Viral entsteht meist langsam zunehmender Husten und nur leichtes Fieber, der Husten wird schleimig und produktiv, die Dauer beträgt ein bis zwei Wochen. Insbesondere bei jungem Kind ist Keuchhusten ärztlich auszuschließen und im Verlauf die bakterielle Superinfektion nicht zu übersehen (meist Pneumokokken).
Die Bronchiolitis (Entzündung der unteren kleinen Äste der Bronchien)
Nach einem initial harmlos erscheinenden viralen Infekt kommt es am zweiten oder dritten Krankheitstag zu anhaltendem Husten, hoher Atemfrequenz und Atemarbeit, Knisterrasseln, Pfeifen, manchmal schaumigem Sputum, zunehmender Erschöpfung, Sauerstoffabfall. Besonders bedroht sind ehemalige Frühgeborene und Kinder rauchender Eltern. Es kommt zu entzündlichen Verengungen im Bereich der kleinen Bronchien und zu Überblähungen des Lungengewebes. Eine genaue Definition der Erkrankung fehlt. Ursache sind in gut 50 % Respiratorische-Synzytial-Viren (RS-Viren) und meist sind Säuglinge und Kleinkinder betroffen. Die Häufigkeit der Erkrankung nimmt zu, eine Folge früher Kinderkrippenunterbringung. Sauerstoffsättigung und Atemfrequenz dienen zur Risikoabschätzung, Fieber spielt keine Rolle. Es gibt keine wirklich wirksame Medikation, Sauerstoffgaben helfen, manchmal Beatmung, oft ist danach langfristig die Lungenfunktion beeinträchtigt. Die Lungenveränderungen erholen sich wieder. Eine Bronchiolitis obliterans (bleibende Verödung und Verschluss der kleinen Bronchiolen nach und durch die Entzündung) führt jedoch zur anhaltenden Zerstörung der Lungenbläschen. Grund sind sehr seltene Autoimmunkrankheiten (ein theoretisches Risiko).
Die Lungenentzündung
Die Lungenentzündung ist die häufigste infektbedingte Todesursache für Kinder weltweit. Die Wahrscheinlichkeit, als Kind an einer Lungenentzündung zu sterben, korreliert mit Armut und fehlenden medizinischen Möglichkeiten, nicht mit speziellen Erregern. Die Impfungen gegen Pneumokokken und Haemophilus haben neben den Antibiotika zu einem dramatischen Rückgang schwerer bakterieller Lungenentzündungen in Westeuropa geführt. Der Erfolg wird aktuell bedroht durch vermehrte Antibiotikaresistenzen, zunehmende Impf- und Antibiotikaskepsis und tendenziell ansteigende Komplikationen.
Lungenentzündungen werden meist durch Viren verursacht. Je nach Lebensalter sind die wahrscheinlichen Erreger unterschiedlich. Säuglinge und Kleinkinder sind besonders oft betroffen, vor allem durch RS- und Rhinoviren. In aller Regel beginnt die virale Erkrankung mit Husten und Schnupfen, wie eine Erkältung, mit Verschlechterung am zweiten bis vierten Tag, Rasselgeräusche werden hörbar, die Atmung ist beschleunigt. Die virale Lungenentzündung soll nicht antibiotisch behandelt werden, das Medikament würde nicht helfen. Aber in ca. einem Drittel der viralen Lungenentzündungen spielen auch Bakterien eine Rolle. Eine Viruspneumonie kann in eine bakterielle Zweitinfektion übergehen, das initiale Virus muss den Krankheitsverlauf nicht bestimmen.
Die potenziell gefährliche Anwesenheit bakterieller Erreger lässt sich nur schwer nachweisen: Rachen- oder Nasensekret gelten als zu unsicher, Röntgenbilder geben oft keine eindeutige Auskunft und sind belastend, Biomarker wie Leukozytenzahl, -differenzierung und C-reaktives Protein (CRP; wichtiger Entzündungsmarker im Labor) überlappen sich bei Viren und Bakterien breit. Statistisch sind virale Lungenentzündungen weniger akut zu Beginn mit Schnupfen, mit weniger hohem Fieber, weniger hohen Leukozytenzahlen (unter 20.000) und einem CRP-Wert unter 6 – 10 mg %. Demgegenüber beginnen bakterielle Lungenentzündungen heftig, mit sehr hohem Fieber und CRP-Wert (C-reaktiven Proteinwert) über 10 mg %, starkem Krankheitsgefühl, Schmerzen und Nasenflügeln (sichtbare Mitbewegungen der Nasenflügel). Die Trennung ist aber unzuverlässig.
Etliche Erreger zeigen klinische Eigenheiten, die diagnostisch genutzt werden: Pneumokokken verursachen einseitige Lungenentzündungen und betreffen Kleinkinder, Streptokokken Pleuraergüsse (Flüssigkeitsansammlungen im Rippenfellspalt), Staphylokokken führen zu Abszessen. Mykoplasmen und Chlamydien betreffen Schulkinder und Jugendliche und beginnen langsam mit zunehmendem Husten über Wochen. Wenn schon die sichere Diagnose ein Problem bleibt, ist auch die Therapie unsicher. Das Antibiotikum Amoxicillin wird vorgeschlagen, obgleich die Haupterreger Pneumokokken und Haemophilus zunehmend Resistenzen gegen Amoxicillin zeigen. Ähnlich strittig wie die Indikation und die Auswahl des Medikaments ist die Therapiedauer. Zwischen fünf und zehn Tage schwanken die Empfehlungen. Zwei Tage fieberfrei und normalisierte Biomarker helfen bei der Entscheidung. Etliche bakterielle Lungenentzündungen werden nicht antibiotisch behandelt, Komplikationen treten dann vermehrt auf, aber oft geht es gut.
Wann soll das Kind stationär in eine Kinderklinik? Bei Abwehrschwäche (z. B. Sichelzellanämie oder Immunsuppression), bei einer Sauerstoffsättigung unter 90, bei schlechtem Befinden mit erschöpfend schneller Atmung, wenn über zwei Tage das erste Antibiotikum nicht geholfen hat, bei schwieriger sozialer Lage (was leider keine Krankenversicherung versteht).
Lassen sich Lungenentzündungen durch eine geschickte und frühe Therapie von Erkältungen verhindern? Auf alle Fälle sollte der Husten nicht medikamentös unterdrückt werden, auch Schleimlöser sind eher schädlich. Inhalieren mit feuchten Dämpfen oder Vernebler sind günstig. Der Vernebler muss aber gut geeignet sein mit sicherer Desinfektion nach der Anwendung und geeigneter Tröpfchengröße entsprechend der Weite der kleinen Bronchien. Rauchen schadet immer. Manchmal steckt hinter der Lungenentzündung etwas unvermutet anderes: eine seltene Lungenkrankheit.
Mukoviszidose (Cystische Fibrose)
Sie ist die zweithäufigste Ursache von chronischen Lungenkrankheiten bei Kindern, im Verhältnis 1:3000. Ein Chloridkanal ist genetisch bedingt geschädigt oder nicht mehr vorhanden. Inzwischen sind ca. 1300 genetische Veränderungen bekannt. Die Krankheit soll früh (nach der Geburt) entdeckt werden, nur so gelingt optimale Therapie. Das Screening ist Teil des Neugeborenenscreenings, bei positivem Befund erfolgt die präzise genetische Absicherung.
Betroffene Kinder sind besonders anfällig gegen bakterielle Lungenentzündungen mit rascher und zunehmender Schädigung des Lungengewebes. Die moderne Therapie kombiniert eine hoch dosierte und frühe Antibiotikagabe mit Regulatormodulatoren (Symdeko), Bauchspeicheldrüsenenzymersatz, hochkalorischer Ernährung mit Vitaminen, Krankengymnastik und Sport. Die Lebenserwartung liegt heute bei gut 40 Jahren und wird steigen. Das präzise Verständnis in die Genetik und die Synthese des Chloridkanals hat medikamentöse Eingriffe mit modernen Regulatormodulatoren ermöglicht und damit einen großen klinischen Fortschritt. Trotz bester Therapie kommt es zu Lungenentzündungen, Bronchienerweiterungen, Lungenfibrose (Vernarbungen) und zuletzt anhaltender Atemnot. Weiterhin entwickeln sich Nasenpolypen, eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung, Störungen der Bauchspeicheldrüse, der Gallenwege, der Leberfunktion, Darmprobleme. Die Belastung der Kinder und ihrer Familien ist hoch. Werden die Kinder erwachsen, so geht es um Beruf, Partnerschaft und Kinder – und um Lungentransplantation, Herzinsuffizienz, Diabetes, Depression und Todesnähe.
Vormals war der Schweißtest die entscheidende diagnostische Strategie. Ein Chloridgehalt von über 60 mE/l war beweisend. Nach wiederholter Bronchitis und unklaren Krankheitshäufungen wird er immer noch durchgeführt.
Die Sarkoidose
Sie ist eine weiterhin unklare Entzündung verschiedener Organe mit typischen Gewebeknötchen (Granulomen) vor allem auch der Lungen. Oft ist die Sarkoidose ein Zufallsbefund im Röntgenbild des Brustkorbs und dann ohne therapeutische Konsequenz. Bei Kurzatmigkeit, Augenentzündungen, Gelenkentzündungen, Hautveränderungen hilft Cortison.
Die eosinophile Lungenentzündung
Eine heftige Erkrankung mit Fieber, Müdigkeit, Luftnot und Rasselgeräuschen – wie eine Lungenentzündung. Es kommt zur Lungenschädigung. Ursächlich sind Rauch, Chemikalien, Staub. Manchmal entsteht eine eosinophile Lungenentzündung durch Wurmbefall oder inhalierte Allergene.
Lungenentzündungen durch Allergene
Allergene Proteine aus der Umwelt (Heu, Tiere, Pilze) können in den Lungen zu allergischen Entzündungen führen mit zunehmenden Lungenveränderungen bis zur Fibrose (umfangreicher, bindegewebiger Umbau der Lungen, die mit geringer Luftaustauschfläche starr werden). Entscheidend ist die Erkennung der Erkrankung (Röntgenbild und Lungenfunktion) und die Vermeidung der Allergene (aufwendige Diagnostik).
Die Aspirationslungenentzündung
Die Inhalation von Fremdkörpern, Nahrung oder Mageninhalt führt, besonders nach häufigem Verlauf, zu anhaltenden Entzündungen der Bronchien und wiederholten Lungenentzündungen. Manchmal findet sich eine Verbindung zwischen Luftröhre und Speiseröhre, manchmal ist es die Folge von anhaltenden Schluckstörungen, z. B. bei neurologischen oder muskulären Erkrankungen.
Die Zilienkrankheiten
Bei Zilienkrankheiten ist das Flimmerepithel der Schleimhäute in den Atemwegen defekt. Die Kinder zeigen häufige Infekte, chronische Mittelohrentzündungen und Lungenveränderungen. Die präzise Diagnostik ist nur in wenigen Zentren Deutschlands möglich, z. B. in Hannover. Der Verlauf ist etwas milder als bei Mukoviszidose.
Angeborene und erworbene Lungengewebekrankheiten
Es finden sich Defekte der Lungenbläschen, der kleinen Lungenkapillaren, des Oberflächenfilms in den Lungenbläschen (Surfactant). Erworbene Lungengefäßentzündungen kommen vor bei Arthritis, Zöliakie, Immunkrankheiten. Manchmal kommt es zu zahlreichen Einblutungen in die Lungenbläschen (Hämosiderose). Solche Veränderungen können auch bei chronischer Stauung in den Lungen durch Herzschwäche auftreten. Chronische Lungenkrankheiten sicher auszuschließen, ist sehr aufwendig.
Der akute Einriss in Lunge und Rippenfell (Pneumothorax)
Er tritt manchmal auf nach heftigem Husten, Gewichtheben oder Unfall, manchmal aber auch spontan bei verschiedenen Formen der Bindegewebsschwäche (Marfan), manchmal bei Infektionen, Asthma oder Mukoviszidose. Die Luft entweicht dann durch einen Riss aus der Lunge in den Pleuraspalt. Der Riss kann sich verschließen und alles wird gut. Es kann aber auch ein Ventilmechanismus entstehen und die Luft verdrängt die Lungen, dann besteht Lebensgefahr. Wenn der Riss bleibt, ist eine Operation erforderlich. Analog kann die Luft in das Mediastinum (ein schmaler Raum zwischen den Lungen und oberhalb des Herzens) gelangen, z. B. nach heftigem Erbrechen.